Online Reputation Management, Teil 2

Wie organisiere ich das Handling von Online-Bewertungen? Nachdem ich im ersten Teil der Ausführungen über Grundsätzliches und Nutzen von Hotelbewertungen geschrieben habe, geht es diesmal um Organisatorisches und die Frage, was denn das für Leute sind, die im Kommentar abgeben?

Die folgenden Zeilen sind Teil eines Vortrags, den ich beim Skål-Club Nürnberg halten durfte. Dabei durfte ich allen, die Hotel-Bewertungen zu beantworten haben, folgende Hinweise ans Herz legen:

  1. Weil der Gast selbstbewusst ist und lieber mit dem Schmied als mit dem Schmiedl spricht,  sollte, wenn möglich, die Hoteldirektorin bzw. der Hoteldirektor persönlich antworten. Oder zumindest sollte sein Name samt Funktion als Absender da stehen – sofern er auf die Dienste eines internen oder externen Ghostwriters zurückgreift. Meines Erachtens gilt das in jedem Fall für das GSS – und auch auf TripAdvisor empfiehlt es sich aufgrund des „offiziell“ anmutenden Habitus. Booking und Google kommen legerer daher, da kann es auch mal das Team von Hotel XY sein, das schreibt. Und bei Facebook ist dann sogar das „Du“ erlaubt, weil es hier einfach so üblich ist.

2) Natürlich empfiehlt sich, ein paar Standard-Antworten bzw. Bausteine bereit zu halten. Lassen Sie einfach eine vertrauensvolle Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter ein wenig im Netz googlen und schauen, was die anderen machen. Aus dem was gefällt, kann man sich dann den einen oder anderen Text individuell zusammenstellen. Dieser Tipp ist vor allem auch dann wertvoll, wenn es um fremdsprachige Antworten geht. Denn wer kein Native Speaker ist, wird immer an seine Grenzen stoßen, wenn er eine Kernaussage sprachlich variieren soll.

3) Apropos Sprachen: Ich antworte ausschließlich in Deutsch und Englisch. Weil ich selbst nur diese Sprachen beherrsche und es die meisten meiner Auftraggeber ebenfalls tun. Jetzt könnten Sie zurecht einwenden, dass man sich ja für die unterschiedlichsten Fälle in allen möglichen Sprachen perfekte Übersetzungen besorgen könne. Was aber tut man, wenn es auf die eigene Antwort eine erneute Replik des Gastes gibt? Mit Englisch sind Sie auf der sicheren Seite … was übrigens auch ein befreundeter Hoteldirektor sogar bei französischen Kommentaren sagt. Und das, obwohl er selbst Franzose ist.

4) Ein Punkt, der mir immer wieder auffällt, ist schließlich die Anrede des Gastes. Wenn Sie den Namen kennen, sprechen Sie ihn natürlich auch mit diesem an. Wenn nicht, weil der Gast anonym oder nur mit Kürzel sein Feedback gegeben hat, empfehle ich, auf eine Anrede zu verzichten. „Sehr geehrter Gast“ klingt nicht nur komisch, sondern schon sehr nach dem Beginn einer Standardantwort – ein Eindruck, den man eben vermeiden will.

5) Zu guter Letzt: Online-Bewertungen zu beantworten, macht immer auch eine Entscheidung nötig. Und zwar, wo man aktiv ist, denn alle Portale zu beackern, erscheint mir angesichts des nötigen Aufwands nahezu unmöglich. Von mir selbst bzw. meinen Kunden kann ich berichten, dass bis auf eine Ausnahme GSS und TripAdvisor zur Pflicht gehören und man sich auf Booking, Google und Facebook darauf beschränkt, nur die negativen Kommentare zu beantworten.

Eine Typologie der Menschen, die Bewertungen schreiben

Wer ist eigentlich dieser Gast? Sie kennen das sicher, dass man sich angesichts einer Hotelbewertung immer wieder die Frage stellt: „Was geht eigentlich in diesem Kopf vor?“ Insbesondere, wenn das Feedback unnötig aggressiv oder überlang ausfällt.

Sich mit der Frage nach dem jeweiligen Gast-Typ zu beschäftigen, kann zuweilen zu höchst spannenden psychologischen Betrachtungen führen, vor allem aber hängen Inhalt, Aufbau und Stil einer gelungenen  Antwort davon ab, mit welchem Typ man es zu tun hat.

Ich darf Ihnen dazu eine kurze Typologie der Menschen vorstellen, die Online-Hotelbewertungen verfassen. Ich bin mir sicher, dass Sie den einen oder anderen, wenn nicht sogar alle gut kennen – und vielleicht fällt Ihnen noch eine weitere Spezies ein. Selbstverständlich gibt es auch jede erdenkliche Kombination aus den verschiedenen Typen – ohne Zweifel ist die Schar der Hotelbewerter, ob sie nun Leasure- oder Business-Gäste sind, so bunt wie die Menschheit selbst.

Beginnen möchte ich meine Liste mit dem sogenannten „Leserbriefschreiber“. Er heißt deshalb so, weil er zu früheren Zeiten ausführlich in den Zeitungen seine Meinung kundtat – heute findet man ihn in der Kommentarfunktion unter Online-Texten jeglicher Art … und natürlich auch auf den Hotelbewertungsportalen. Der Leserbriefschreiber ist getrieben von der Mission, die Menschheit an seiner Meinung, seiner Erfahrung und an seiner Kompetenz teilhaben zu lassen – meist gewinnen Sie ihn bereits dadurch, indem Sie ihn bei seiner Eitelkeit packen. Der Leserbriefschreiber liefert lange Texte und detaillierte Ausführungen, ohne Frage ist er wie kein anderer erst dann mit einer Antwort zufrieden, die sehr persönlich und ausführlich auf jeden von ihm genannten Punkt eingeht.

Nebenbei bemerkt: Leserbriefschreiber sind bevorzugt Leasure-Gäste. Wenn sich mal ein Geschäftsreisender darunter befindet, dann ist er entweder wirklich stinksauer – oder ihm ist einfach sehr langweilig allein im Hotelzimmer. Da fragt man sich natürlich, warum er nicht lieber an die Hotelbar geht und sich ein Glas Wein gönnt. Ich gebe zu: Zu gerne hätte ich manchem Gast genau dies schon gefragt.

Kommen wir zum zweiten Typen. Nicht selten gehört der Leserbriefschreiber auch zur Spezies der „Viel-Portal-Nutzer“. Einmal GSS und TripAdvisor ist ihm zu wenig, ein Kommentar auf booking.com und Google muss es schon noch sein. Und ich behaupte heute ungeschützt, dass es den „Viel-Portal-Nutzern“ zu verdanken ist, dass einige Hotelbewertungsportale nach wie vor überleben.

Ganz anders sind die Business-People, die Geschäftsreisenden, die meist sehr knapp, sehr nüchtern und gerne unter Nichtbeachtung der Groß- und Kleinschreibung ihr Feedback abgeben. „Gut, passt, war in Ordnung, Zimmer top, Frühstück auch, empfehlenswert“ und andere Begriffe werden gerne benutzt, auf ganze Sätze verzichtet man als viel beschäftigter Manager gerne.

Eine Beobachtung, die ich dabei zunehmend mache: Immer häufiger kommentieren auch deutsche Staatsbürger in Englisch, da färbt wohl der Job in der internationalen Branche ab. Interessanterweise scheint dies aber eine Vorliebe der Männer zu sein, genauer gesagt: Unter 100 deutschen Gästen, die englisch schreiben, befindet sich maximal eine Frau. Ich überlasse gerne Ihnen die entsprechende Interpretation – ich selbst glaube, dass Frauen häufig die deutsche Sprache mehr lieben, schätzen und kunstvoller gebrauchen als Männer.

Nicht vergessen möchte ich eine Spezies von Hotel-Bewertern, mit der ich immer wieder so meine Probleme habe. Es sind die Wortfaulen, die es bei einer Benotung bzw. Punktevergabe belassen. Wenn das Ergebnis super ist, dann ist es auch gut – aber schon bei einer Nicht-Fisch-noch-Fleisch-80 Prozent-Bewertung bleibt schon ein übler Beigeschmack übrig. Noch schlimmer diejenigen, die eine schlechte Note vergeben – einfach so und ohne jegliche Begründung.

Warum tun sie das, fragt man sich da auf der anderen Seite der Online-Kommunikation. Ist es blanke Ignoranz, Verachtung oder gar Bosheit. Jeder von uns hat doch schon einmal die Erfahrung gemacht, dass der Chef am Freitagnachmittag für Montag ins Büro bat und nicht sagte, warum – oder dass die eigene Frau (oder auch der emanzipierte Ehemann) auf die Frage, ob denn was sei, mit einem knappen „Nichts“ antwortete. Die Nichtinformation bzw. fehlende Begründung wird hier zur Waffe, die das Gegenüber sofort in die Verteidigung drängt. Und ja, auch wenn ich mich wiederhole: Egal warum, egal wie, entschuldigen sie sich am besten. Und zwar glaubhaft.

 

Es gibt noch einen Typus in meiner Liste, dem nur sehr schwer zu begegnen ist. Es ist der gefürchtete „pars pro toto-Kritiker“, dem ein Kritikpunkt bereits ausreicht, die Noten in allen Kategorien in den Keller stürzen zu lassen. Es ist der Gast, der sich über fehlende Badeschlappen mokiert und deshalb gleich für den Service, das Frühstück und den Komfort überhaupt schlechte Noten vergibt. Als Ghostwriter habe ich bereits wiederholt solche Gäste direkt darauf angesprochen – meist kam als Antwort, dass die Verärgerung über das Detail eben den ganzen Aufenthalt ruiniert habe, aber man eben ausdrücklich nicht z.B. den Service kritisieren möchte

Wie dem Wortfaulen kommt es ihm aber nicht in den Sinn, dass nicht nur das Hotel im unverdienten, schlechten Licht erscheint, sondern auch die Mitarbeiter mitunter negative Folgen zu tragen haben.

Natürlich ist die meiste Kritik auch berechtigt, aber nicht alle Gäste sind nett und haben lautere Absichten, wenn sie schlechte Noten vergeben. Ich darf deshalb meine Typologie mit zwei besonderen Spezies schließen, die man immer wieder mal antrifft:

1)   Da gibt es den „Schmarotzer, Abzocker“ oder wie auch immer Sie ihn nennen wollen. Er sucht und findet einen oder mehrere Mängel – und er will Entschädigung dafür. Sehr gerne garniert er seinen Kommentar mit einem „Ich erwarte eine Stellungnahme des Hoteldirektors“, wohlwissend, dass nur dieser einen Preisnachlass oder einen Gutschein für einen nächsten Besuch geben kann. Sicher, bei manch einem mag die Kritik tatsächlich auch auf wahren Mängeln beruhen; ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass Hoteldirektoren, die darauf nicht eingingen, trotz Drohung (entweder es öffentlich oder Ersatzansprüche geltend zu machen) nie wieder etwas von dem Gast hörten.

2)     Ja, und dann gibt es noch den Mitbewerber, der entweder selten oder über bezahlte Handlanger schlechte Bewertungen abgeben lässt. Tatsächlich handelt es sich um eine Unsitte, die mit der Kommentarfunktion von Amazon begann und dort auch noch heute wildeste Blüten treibt. Ich selbst wurde schon – allerdings jenseits der Hotellerie – darauf angesprochen, ob ich solche Negativ-Dienste anbiete … sicher ein Indiz dafür, dass es offensichtlich solche schwarze Schafe in unserer Branche gibt. Bei Hotelbewertungen werde ich jedenfalls immer dann stutzig, wenn die Detail-Kenntnisse und benutzten Begrifflichkeiten auf einen Hotelinsider hindeuten, glücklicherweise kommt das wirklich nur sehr selten vor.

Teil 1 des Vortrags zu Online Reputation Management >> 

One comment

  1. Auf gute und negative Bewertungen einzugehen ist echt wichtig. Es sagt viel über das Unternehmen aus, ob sie sich über den Kommentar öffentlich aufregen oder den Kommentar ernst nehmen. Leider können das nicht viele und machen sich dann gleich unsympatisch, auch für User, die eig. zufrieden sind.

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